Im Tower passen die Fluglotsinnen und Fluglotsen genau auf die Flugbewegungen auf. Foto: SCRIPT

Die Piloten am Boden

17. April 2023

De Piwitsch hat die Fluglotsinnen und Fluglotsen im Kontrollturm des Flughafens besucht.

Alles geht sehr schnell. „Cargolux three four Victor cleared to Indianapolis Rapor seven Xray departure climb to 3400 feet Squawk 3505“, sagt Jackie in ihr Mikrofon. Gerade hat die Fluglotsin dem Piloten des Frachtflugzeugs der Firma Cargolux die Erlaubnis erteilt, die Motoren der riesigen Boeing anzulassen und ihm schon mitgeteilt, in welche Höhe er das Flugzeug nach dem Start bringen soll und welche Kennnummer oder „Squawk“ (sprich Skwook) der Maschine für ihrem Flug in die amerikanische Stadt Indianapolis zugeteilt wird.

Fluglotsin Jackie spricht sehr schnell in ihr Mikrofon. Die Wörter, die sie benutzt sind kompliziert, aber alle verstehen sie im Flugbetrieb. Video: SCRIPT

Überblick über den ganzen Flughafen

Das ist wie das Kennzeichen am Auto deiner Eltern: Auf jedem Flughafenradar der Welt wird die Maschine als Cargolux 3505 zu sehen sein. Während Jackie aus dem Kontrollturm des Flughafens Findel schaut, wo das Frachtflugzeug gerade ist, meldet sich der Pilot über Funk zurück, sagt, dass er sein Flugzeug nun auf die Startposition lenkt und bestätigt die Informationen, die Jackie ihm gegeben hat. Ein paar Minuten später wird er die Starterlaubnis bekommen und Gas geben. Ziemlich genau vor dem Kontrollturm beginnt das Hunderte Tonnen schwere Flugzeug abzuheben und ist gleich darauf in den Wolken verschwunden.

Hier kannst du den Start eines Cargolux-Frachtflugzeugs beobachten. Video: SCRIPT

Dreiecke, Punkte und Quadrate auf dem Schirm

Dutzende Male geben die Fluglotsinnen und Fluglotsen im „Tower“, dem 30 Meter hohen Kontrollturm, der eine Rundumsicht über den Flughafen erlaubt, an diesem Tag Erlaubnis für Bewegungen kleiner und großer Flugzeuge. Keine Maschine darf starten oder landen und nicht einmal die Motoren anlassen, wenn die Profis im „Tower“ das nicht gestattet haben.

Dieser Schirm gibt eine Übersicht über die Beleuchtung des Flughafens. Foto: SCRIPT

Sie haben den Überblick über alle Fahrzeuge am Findel, ob Flugzeuge oder Autos, Lastwagen und Spezialgeräte, die auf, neben oder über der Landepiste unterwegs sind. Die sehen sie als Dreiecke, Punkte oder Quadrate in verschiedenen Farben auf ihrem Radarschirm. Die Zeichen, neben denen Buchstaben und Zahlen stehen, bewegen sich ständig.

Die ganzen Dreiecke auf dem Schirm sind Flugzeuge in der Nähe des Finden. Foto: SCRIPT

Wohin, das erfahren die Fluglotsinnen und Lotsen aus ihrem Computer, in dem alle Flugpläne gespeichert sind. An ihrem Arbeitsplatz im Tower stehen auf großen Schirmen sämtliche Informationen bereit, die sie benötigen, um für die Sicherheit am Himmel über dem Findel und am Boden zu sorgen.

Damit du die Fluglotsenarbeit besser verstehst, hat der Piwitsch-Reporter eine Menge Fotos und Videos geschossen, die du auf dieser Seite findest. Aber er hat auch Fluglotsin Jackie Hansen interviewt.

„Räumlich denken können und Stress aushalten“

Jackie Hansen ist seit 12 Jahren Fluglotsin. Dem Piwitsch erzählte sie, weshalb sie diesen Beruf wählte und was man dafür lernen muss. 

Weshalb bist du Fluglotsin geworden?

Jackie Hansen Ich war schon als Kind von Flugzeugen begeistert, aber Pilotin zu werden, kam für mich nicht in Frage. Deshalb habe ich mich nach anderen Berufen in der Flugbranche umgesehen und mich für den Fluglotsenberuf interessiert.

Jackie Hansen hat dem Piwitsch mehr über ihren Beruf erzählt. Foto: SCRIPT

Was muss man dafür können?

Jackie Hansen Man muss schon jemand sein, der räumlich und logisch denken kann. Räumlich denken heißt, dass man gut einschätzen kann, wo sich etwas befindet auf dem Boden und in der Luft. Logisches Denken braucht man, weil man ja immer wissen muss, was als Nächstes zu tun ist. Außerdem muss man gesund sein, gut sehen und hören können, Stress gut aushalten und bereit sein, auch frühmorgens oder nachts zu arbeiten.

Was musstest du für deinen Beruf lernen?

Jackie Hansen Ich habe nach meinem Sekundarschulabschluss erst das Staatsexamen gemacht, denn alle Fluglotsinnen und Fluglotsen sind Staatsbeamte. Dann schickte mich die „Administration de la Navigation Aérienne“, bei der ich angestellt bin, zur Grundausbildung. Die dauerte rund ein Jahr und fand bei der Deutschen Flugsicherung in der deutschen Stadt Langen statt.

Das ist ein Simulator, in dem Fluglotsinnen und Fluglotsen in der Ausbildung üben können. Foto: SCRIPT

Die Grundausbildung ist anstrengend. Man muss in kurzer Zeit viel über Flugnavigation lernen, aber auch über Technik und Wetterbedingungen. Vor allem lernt man auch intensiv Englisch. Denn das ist die Sprache der Luftfahrt auf der ganzen Welt. Aber es gibt auch ganz bestimmte Sätze, die man sagen muss, um Befehle und Informationen zu geben. Diese Sätze lernen auch die Piloten. In der Luftfahrt ist es besonders wichtig, dass jeder, der mit Flugzeugen zu tun hat, auch genau versteht, was mit verschiedenen Sätzen gemeint ist. Das trägt zur Sicherheit bei.

Der Kontrollturm am Flughafen ist 30 Meter hoch. Foto: ANA

Konntest du nach der Grundausbildung gleich im Tower arbeiten?

Jackie Hansen Ja, aber nur unter der Aufsicht eines erfahrenen Fluglotsen. Er trug die Verantwortung für alles, was ich tat, also kontrollierte dauernd meine Entscheidungen. Diese Zeit, wo man im Beruf ist, aber noch viel lernen muss, dauert anderthalb bis zwei Jahre. Erst wenn der Chef des Towers entscheidet, dass du reif bist, Flüge alleine zu lotsen, darfst du deine Abschlussprüfung machen. Das bedeutet, eine ganze Schicht auf dich gestellt zu arbeiten. Hast du die Prüfung geschafft, darfst du eine Fluglotsenlizenz für den Flughafen Luxemburg beantragen.

Wie lange dauert so eine Schicht? 

Jackie Hansen Die Morgenschicht beginnt um 6.30 und geht bis 16.00. Die Tagesschicht beginnt um 9.00 und dauert bis 19.00. Die Nachmittagsschicht geht von 14.30 bis Mitternacht und die Nachtschicht von 21.00 bis 7.00 morgens. Der Flughafen Findel hat zwar nachts geschlossen, aber es müssen immer mindestens zwei Leute im Tower sein, weil auch verspätete Flüge gelotst werden müssen oder Notfalleinsätze der Luxembourg Air Rescue.

Auf den sogenannten „Strips“ werden die Flugbewegungen notiert. Schwarz ist für Starts, rot für Landungen. Foto: SCRIPT

Die Schichten überlappen sich zum Teil, weil die Fluglotsinnen und Fluglotsen ihren Kolleginnen und Kollegen von der nächsten Schicht berichten müssen, was los war im Flugverkehr und ob es spezielle Probleme gab. Auch bleibt Zeit für Pausen. Denn in meinem Beruf muss man immer hochkonzentriert sein. Wenn man sich nicht so fit fühlt, muss man den Kolleginnen und Kollegen das sagen, dann übernehmen sie.

Hast du deine Fluglotsenlizenz für immer?

Jackie Hansen Nein, man muss immer weiter lernen, um sie zu behalten. Denn die Regeln in der Luftfahrt ändern sich und die Technik auch. Alle zwei bis drei Jahre müssen wir ein besonderes Training an einer Fluglotsenschule. Das dauert ein paar Wochen und dabei wird auch an einem Simulator getestet, wie wir mit außergewöhnlichen Situationen fertig werden. 

Unsichtbare Augen

Seit etwa hundert Jahren machen sich die Menschen Radiowellen zunutze, um Dinge aufzuspüren und deren Entfernung vom Radiowellengerät zu messen. Das Gerät sendet Radiowellen. Die bewegen sich sehr schnell. Wenn sie auf ein festes Ding treffen, werden sie reflektiert und bewegen sich zurück zum Radiowellengerät. Das rechnet dann aus, wie weit das Ding vom Gerät weg ist und in welchem Winkel es sich im Vergleich zum Gerät befindet. So kann auch die Geschwindigkeit des Dings festgestellt werden.

Die Kugeln und Gerüste neben dem Gebäude sind die Radaranlagen. Foto: SCRIPT

Auf Englisch heißt diese Technologie „Radio Detection and Ranging“ – also „Ortung und Abstandsmessung mit Radiowellen“. Abgekürzt: Radar. Es gibt am Flughafen Findel verschiedene Radarsysteme.  Die einen überwachen den Luftraum. Die erkennst du an der runden Kuppel, in der die Radiowellengeräte sitzen. Das Radarsystem, das die Bewegungen am Boden überwacht besteht aus mehreren weiß und rot gestrichenen Antennen, die aussehen wie Baugerüste.

„Approach“ und „Tower“

Am Flughafen gibt es rund 60 Fluglotsinnen und Fluglotsen. Etwas mehr als die Hälfte arbeitet im „Tower“, die anderen in der Abteilung „Approach“. Während die Profis in der „Approach“ die Flugbewegungen über ganz Luxemburg und Teilen der Nachbarländer überwachen, konzentrieren sich die Kolleginnen und Kollegen im Kontrollturm auf die Flugbewegungen ganz in der Nähe des Flughafens und unmittelbar darüber und darauf. Alle Flugkontrolleure arbeiten für die „Administration de la Navigation Aérienne“. Diese Verwaltung ist nicht nur zuständig für die Flugüberwachung, sondern auch für die Radaranlagen, die Sicherheit am Boden und den Wetterdienst für den Flugbetrieb. Mehr Informationen gibt es hier.

In der „Approach“ überwachen die Fluglotsinnen und Fluglotsen den Luftverkehr über ganz Luxemburg und über Teilen der Nachbarländer. Foto: SCRIPT