Gemeinsam stark! Was ist eine Gewerkschaft?
25. Juni 2025Stell dir vor, deine Lehrerin gibt jede Woche viel zu viele Hausaufgaben. Du willst sie überzeugen, nur noch die Hälfte aufzugeben. Wann hast du bessere Chancen, sie zu überzeugen: wenn du allein zu ihr gehst oder wenn ihr als ganze Klasse mit ihr sprecht? Ist doch klar: Zusammen ist man meistens stärker. Das wissen auch Menschen, die in einem Beruf arbeiten.

In einer Gewerkschaft schließen sich Menschen zusammen, um ihre Interessen im Berufsleben besser zu vertreten. Die Gewerkschaft ist wie ein Verein, in den man eintritt. Allerdings stehen in einer Gewerkschaft nicht Hobbys wie Sport oder Musik im Mittelpunkt, sondern der Arbeitsalltag. Gemeinsam machen sich die Mitglieder der Gewerkschaft stark für zum Beispiel bessere Arbeitsbedingungen, faire Löhne und mehr Rechte als Angestellter oder Angestellte. Weil eine Gewerkschaft als Gruppe auftritt, haben die Menschen eine stärkere Stimme und werden eher gehört.
Gewerkschaften setzen sich also für die Interessen ihrer Mitglieder ein. Daraus ergeben sich ganz unterschiedliche Forderungen:
- Sichere Arbeitsplätze: Schutz vor einer Kündigung
- Gesundheitsschutz: sicheres Arbeitsumfeld und Schutzkleidung
- Sozialversicherung: eine gute Rente und Krankenversicherung
- Gute Löhne: faire Bezahlung für geleistete Arbeit
- Kürzere Arbeitszeiten: weniger Stunden für mehr Erholung
- Mehr Urlaub: bessere Erholung und Zeit für Familie und Privatleben
- Frühere Renten: die Möglichkeit, sich früher aus dem Berufsleben zurückzuziehen
- Pausen: mehr Pausen während der Arbeit

Foto: Shutterstock/Bannafarsai Stock
Auch Rentnerinnen und Rentner werden unterstützt
Gewerkschaften setzen sich außerdem für Rentnerinnen und Rentner ein. Sie wollen, dass die Menschen angemessen von ihrer Rente leben können. Menschen, die aufhören zu arbeiten, also in Rente gehen, bekommen ja weiterhin Geld, allerdings weniger als während ihres Arbeitslebens. Dieses Geld wird vom Staat ausbezahlt. Während sie arbeiteten, zahlten sie regelmäßig einen Teil ihres Lohns in die Rentenkasse ein, um später davon zu profitieren.
Was genau arbeitet eine Gewerkschaft?
Gewerkschaften verhandeln mit Arbeitgebern – also zum Beispiel mit dem Chef oder der Chefin einer Firma. Häufig werden mehrere Forderungen gestellt: zum Beispiel mehr Lohn und mehr Arbeitsschutz. Manchmal reden sie aber auch mit mehreren Chefs, zum Beispiel, wenn es um alle Menschen geht, die in der Produktion von Autos beschäftigt sind. Werden sich beide Seiten einig, wird das schriftlich festgehalten: Sie unterschreiben einen Kollektivvertrag. Dort wird dann zum Beispiel genau gesagt, wie hoch die Bezahlung sein muss, wie viele Stunden gearbeitet werden muss und so weiter. An den Vertrag müssen sich alle halten. Politiker und Politikerinnen sitzen dabei nicht mit am Tisch. Aber Gewerkschaften treten auch immer wieder in den Dialog mit der Politik, um etwas für die arbeitenden Menschen zu verbessern.
Mitglied in einer Gewerkschaft ist man freiwillig. Man muss nur einen kleinen Beitrag bezahlen. Damit wird die Arbeit der Gewerkschaft ermöglicht.

Der Kollektivvertrag
Menschen arbeiten und bekommen dafür einen Lohn. In vielen Berufen, zum Beispiel in der Pflege, auf dem Bau oder beim Staat, ist genau festgelegt, wie viel Geld sie bekommen. Das steht nämlich im Kollektivvertrag. In diesem Vertrag steht auch, wie viele Stunden man arbeiten muss und wie viele Urlaubstage man im Jahr zugute hat.Dieser Vertrag wird alle paar Jahre von Chefs und Gewerkschaften neu ausgehandelt. Nicht immer werden sich beide Seiten sofort einig. Wenn sie keine Lösung finden, können die Gewerkschaften für ihre Forderungen kämpfen, indem sie ihre Arbeit niederlegen: Sie streiken.
Der Streik
Nicht immer machen die Chefs einfach das, was die Gewerkschaften wollen. Wenn die Gewerkschaft mehr Urlaub für die Angestellten will, meinen die Chefs vielleicht, dass die Firmen dann nicht mehr genug Zeit haben, ihre Produkte herzustellen. Beide Seiten verhandeln und führen Gespräche, um einen Kompromiss zu finden. Das bedeutet, dass beide Seiten etwas weniger fordern, damit sie sich am Ende einig werden. Wenn das nicht klappt und Gespräche nichts mehr bringen, rufen Gewerkschaften zum Streik auf.

In Luxemburg wird am 28. Juni gestreikt. Organisiert wird dieser Streik von zwei großen Gewerkschaften, dem OGBL und dem LCGB. Der Grund sind Pläne der Regierung: Die luxemburgische Regierung hat nämlich vor einigen Wochen angekündigt, dass sie einschneidende Veränderungen im Leben der Menschen beschließen will. Zum Beispiel sollen die Menschen länger berufstätig sein. Das bedeutet, dass sie mehr Jahre arbeiten und später in Rente gehen. Aber auch die Arbeitsbedingungen könnten sich verschlechtern. Zum Beispiel soll es künftig möglich sein, auch mehr am Wochenende zu arbeiten. Das könnte bedeuten, dass deine Eltern arbeiten müssen, wenn du am Wochenende zu Hause bist. Die Gewerkschafter fürchten auch, dass die Löhne nicht mehr ausreichen könnten – dabei wird alles immer teurer.
Angeberwissen: Die „Tripartite“
Wenn in einem Land weniger verkauft wird, verdienen Unternehmen weniger Geld. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass die Menschen weniger Geld haben, das sie ausgeben könnten. Man spricht dann von einer Wirtschaftskrise. Wenn es den Menschen schlechter geht, müssen die Gewerkschaften handeln. Ein Instrument in der Krise ist die „Tripartite“. Zu den Arbeitgebern und den Gewerkschaften setzt sich dann noch ein dritter Partner an den Tisch: der Staat. Gemeinsam wollen sie Lösungen für den wirtschaftlichen Aufschwung finden, damit die Menschen mehr für ihr Geld kaufen können und es auch den Unternehmen wieder besser geht. Das muss den Staat interessieren, denn auf allem Geld, das ausgegeben und verdient wird, zieht er Steuern ein. Die braucht der Staat, um Schulen zu bauen, Straßen zu pflegen, Menschen in Not zu unterstützen – und vieles, vieles mehr.
Gewerkschaften in Luxemburg
In Luxemburg gibt es viele verschiedene Gewerkschaften. Einige sind besonders bekannt, weil oft in den Medien über ihre Arbeit berichtet wird. Manche Berufe werden sogar von zwei oder drei verschiedenen Gewerkschaften vertreten. Kleine Gewerkschaften, die sich nur um eine bestimmte Berufsgruppe kümmern, sind oft Teil einer größeren Gewerkschaft.
Gewerkschaft | Abkürzung | Branche |
Association Luxembourgeoise des Employés de Banque et d’Assurances a.s.b.l. | ALEBA | Banken und Versicherungen |
Confédération Générale de la Fonction Publique | CGFP | Mitarbeitende des Staates |
Fédération chrétienne du personnel des transports | FCPT Syprolux | Transportwesen |
Fédération générale de la fonction communale | FGFC | Mitarbeitende der Gemeinden |
Lëtzebuerger Chrëschtleche Gewerkschaftsbond | LCGB | Alle Bereiche |
Neutral Gewerkschaft Lëtzebuerg / Syndicat neutre des employés privés | NGL SNEP | Handwerk |
Onofhängege Gewerkschaftsbond Lëtzebuerg | OGB-L | Alle Bereiche |
(Quelle: Chambre des salariés Luxembourg)
Die Berufskammern
Neben den Gewerkschaften gibt es auch Berufskammern. Auch sie setzen sich für die Interessen der Menschen in der Arbeitswelt ein. Die Berufskammern beraten den Staat bei Themen rund um die Arbeit. Sie können keine Tarifverträge verhandeln, allerdings organisieren sie zum Beispiel Kurse, damit Menschen Neues über ihren Beruf dazulernen können. Die Berufskammern dürfen nicht streiken.
Es gibt fünf Berufsverbände:
- Arbeitnehmerkammer (Chambre des salariés)
- Handelskammer (Chambre de commerce)
- Handwerkskammer (Chambre des métiers)
- Kammer für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes (Chambre des fonctionnaires et employés publics)
- Landwirtschaftskammer (Chambre d’Agriculture)
Anders als bei den Gewerkschaften ist jede Person, die in Luxemburg arbeitet, automatisch Mitglied in einer Berufskammer.
Die Entstehung der Gewerkschaften in Luxemburg

Die erste luxemburgische Gewerkschaft wurde im 19. Jahrhundert gegründet. Sie hieß „Fédération Luxembourgeoise des Travailleurs du Livre“. Das waren Menschen, die Bücher herstellten. Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa entstanden die großen Gewerkschaften in Luxemburg recht spät. Erst 1916 wurden die ersten großen Gewerkschaften mit vielen Mitgliedern gegründet: darunter der Luxemburger Berg- und Hüttenarbeiterverband (LBHAV) und der Luxemburger Metallarbeiterverband (LMAV). Ihre Arbeit wurde aber wenig anerkannt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zu einzelnen Streiks. Im Juni 1917 folgte ein Massenstreik: Die Gewerkschaften wollten endlich ernst genommen werden. Danach dauerte es noch zwanzig Jahre, bis sich die Gewerkschaften endlich durchsetzten und die ersten Kollektivverträge unterschrieben wurden.
Gewerkschaften in den Nachbarländern

In Deutschland gibt es Gewerkschaften schon etwas länger. Eine sehr bekannte Gewerkschaft ist die IG Metall. Sie setzt sich für Menschen ein, die in der Autoindustrie, aber auch anderen Metall- und Elektrobranchen arbeiten. Auch die Gewerkschaft ver.di ist bekannt. Sie vertritt Menschen, die für den Staat arbeiten, zum Beispiel Lehrende. Beide Gewerkschaften rufen immer wieder zu Streiks auf. Deswegen wird in der Zeitung oder im Fernsehen oft über sie berichtet.

Foto: Shutterstock/HJBC
In Luxemburg kommt es nur selten zu Streiks. Ganz anders ist das in Frankreich, wo häufig gestreikt wird – das hat dort eine lange Tradition. Die Gewerkschaften in Frankreich sind sehr aktiv und nutzen Streiks gezielt, um ihre Forderungen durchzusetzen. Oft gehen ihre Mitglieder in großer Zahl auf die Straße, um öffentlichen Druck auszuüben. Dabei kommt es immer wieder auch zu Zusammenstößen mit der Polizei.