Statt Angst vor der Schule: Selbstbewusstins Klassenzimmer
26. April 2024Die „épreuves communes“ im Cycle 4.2 sind geschafft. Dir bleiben damit nur noch wenige Wochen in der Grundschule. Nach dem Sommer heißt es: Ab in die „große Schule“! Zwischen Neugierde und Vorfreude mischen sich vielleicht auch etwas Angst und Ungewissheit. Das ist aber völlig normal. Wir haben mit der Psychologin und Psychotherapeutin des CePAS, Lynn Reis, über das „Abenteuer Lycée“ gesprochen. Sie hat uns ein paar hilfreiche Tipps für dich mit auf den Weg gegeben.
De Piwitsch: Warum ist es völlig normal, Angst vor der „großen Schule“ zu haben?
Lynn Reis: Zunächst ist es wichtig zu betonen, dass kein Kind mit dieser Angst alleine dasteht. So geht es sehr vielen Schülerinnen und Schülern. Und nicht nur ihnen. Neue und unbekannte Situationen verunsichern uns auch im Erwachsenenalter noch. Der Wechsel von der Grundschule ins Lycée ist ein einschneidendes Erlebnis und mit vielen Fragen verbunden. Zudem stellt die neue Schule nicht nur für die Kinder alles auf den Kopf. Auch die Eltern müssen ihren Alltag neu organisieren.
P.: Mit welchen Ängsten haben die Schüler und Schülerinnen zu kämpfen?
LR: Sie empfinden nicht ausschließlich Angst. An erster Stelle stehen meist Freude und Neugierde. Manchmal kommen aber eben Unsicherheit oder Angst hinzu, und das ist völlig nachvollziehbar. Das Lycée ist eine neue Umgebung. Es erwarten sie ein viel größeres Schulgebäude, in dem sie sich noch zurechtfinden müssen, andere Lehrende, unbekannte Mitschüler und Mitschülerinnen. Auch die Schulfächer verändern sich mitunter und plötzlich wird mittags nicht mehr zu Hause gegessen, sondern in einer Kantine. Das ist ganz schön viel Veränderung auf einen Schlag. Die Kinder kämpfen mit den eigenen Anforderungen und stellen sich viele Fragen. Werde ich das hinbekommen? Finde ich mich zurecht? Finde ich Anschluss in der Klasse?
P.: Welche ist die größte Unsicherheit?
LR: Für die Kinder stehen neben den schulischen Fragen auch die Freundschaf ten im Vordergrund. Einerseits fragen sie sich, ob sie ihre Kontakte aus der Grundschule aufrechterhalten können. Andererseits besteht eine große Angst, ob sie gleich am Anfang Anschluss finden und neue Kontakte knüpfen werden. Dabei darf man nicht vergessen, dass ins Lycée Kinder aus ganz vielen unterschiedlichen Schulen kommen. Die Klasse muss also erst zusammenfinden.
P.: Warum haben die Kinder diese Ängste?
LR: Die mittlerweile 11- oder 12-Jährigen befinden sich in der Vorpubertät. Sie werden selbstständiger und übernehmen mehr Verantwortung. Aber auch körperlich verändert sich viel. Der Wechsel in eine andere Schule ist eine zusätzliche Herausforderung in einer ohnehin schon turbulenten Phase. Deshalb ist es so wichtig, junge Menschen auf diese Veränderung vorzubereiten und sie auf ihrem Weg zu begleiten.
P.: Wie können sich die Schüler und Schülerinnen auf das neue Umfeld vorbereiten?
LR: Kommunikation ist ganz wichtig – sowohl innerhalb der Familie als auch in der Klasse mit der Lehrperson und den anderen Kindern. Die Sorgen und Unsicherheiten sind oft ähnlich; der Austausch kann viele Fragen beantworten und Druck abbauen. Auch bei der Auswahl der neuen Schule sollten die Kinder mitreden können. Wird ihre Stimme gehört, stärkt das die Selbstbestimmtheit, führt zu einer positiveren Einstellung gegenüber der Schule und somit auch zu mehr Eigenmotivation. Das Angebot der unterschiedlichen Schulen ist mittlerweile sehr breit aufgestellt. Es lohnt sich daher, genauer hinzusehen, welche Schule passen könnte. Die „YEP – Schoulfoire“ kann dabei helfen, aber auch die Tage der offenen Tür in den verschiedenen Lycées („portes ouvertes“). Die Schülerinnen und Schüler können sich die Schulen ansehen, Lehrende treffen, Klassenräume und Kantine auskundschaften. Die Kinder bekommen so ein Gefühl für die Schule, und das nimmt wiederum ein Stück weit die Angst. Ist die Entscheidung für eine Schule gefallen, hilft es auch, vorab den neuen Schulweg gemeinsam mit den Eltern auszuprobieren. Wissen die Kinder am ersten Tag, wie es geht, ist das stressfreier für sie. Vielleicht gehen andere Kinder aus dem Ort in dieselbe Schule. Es lohnt sich, sich abzusprechen, um am ersten Tag vielleicht gemeinsam zur Schule zu fahren.
Für manche Kinder bleibt der Wechsel in die „große Schule“ dennoch eine große Hürde. Aus diesem Grund werden in den Sommerferien im CePAS Workshops angeboten, um den Kindern einen möglichst stressfreien Start ins neue Schuljahr zu ermöglichen.
P.: Der Start in der neuen Schule ist geschafft. Dennoch läuft nicht alles rund. Was können die Kinder tun?
LR: Es ist wichtig, sich nicht selbst unter Druck zu setzen und sich Zeit zu lassen, in der neuen Umgebung anzukommen. Die Kinder sollten trotzdem nicht zögern und sich lieber früher als später Hilfe holen. In den Schulen gibt es Dienste, die die Kinder durch die Lycée-Zeit begleiten. Ganz wichtig: Man sollte nicht warten, bis man vor einem unlösbaren Problem steht. Auch bei kleineren Schwierigkeiten oder Fragen können sich die Schülerinnen und Schüler an diese Dienste wenden. Auch der „Régent“ oder die „Régente“ sind wichtige Ansprechpartner. Sie helfen den Kindern jederzeit gern.
De Piwitsch hat sich mit einigen Schülerinnen und Schülern einer 7ième aus dem Lycée des Arts et Métiers in Dommeldingen unterhalten. Wir haben mit ihnen über ihre anfänglichen Ängste gesprochen und herausgefunden, dass am Ende alles gut gelaufen ist. Lies dazu das Interview mit ihnen. Neben den Angeboten in den Schulen gibt es außerhalb der Schule das Beratungsteam (CCJF) vom CePAS in Luxemburg-Stadt und in Ettelbrück . Dazu zählen sowohl psychologische und psychotherapeutische Begleitung für Jugendliche und ihre Familien, als auch Gruppenaktivitäten. |
Das Angebot vum CePAS findest du hier.
Auch in den Schulen gibt es zahlreiche Hilfsangebote:
- Service psycho-social et d’accompagnement scolaires (SePAS)
- Service socio éducatif (SSE)
- Équipe de Soutien des Élèves à Besoins spécifiques (ESEB)
- Cellule d’orientation
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