Streit in der deutschen Regierung – es gibt Neuwahlen!
12. Februar 2025In Deutschland wird alle vier Jahre ein neuer Bundestag gewählt. So heißt in Deutschland das Parlament. In Luxemburg ist das die Abgeordnetenkammer oder „Chambre des Députés“ auf Französisch oder noch „Chamber“ auf Luxemburgisch. Eigentlich sollten die nächsten Wahlen in unserem Nachbarland erst am 28. September stattfinden. Doch Ende letzten Jahres kam es in der deutschen Regierung zum Streit. Deswegen wird schon am 23. Februar gewählt. Wie konnte das passieren und wie funktionieren die Neuwahlen?

Die Regierung
2021 fanden in Deutschland die letzten nationalen Wahlen statt: die Bundestagswahlen. Weil keine Partei eine Mehrheit der Stimmen bekam, mussten sich mehrere Parteien zusammentun. Einen solchen Zusammenschluss von Parteien nennt man Koalition. Koaliert haben folgende drei Parteien:
- SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschland
- FDP – Freiheitliche Partei Deutschland
- Die Grünen
Bei einer Koalition einigen sich die Parteien auf ein gemeinsames Programm, in dem steht, wie das Land in den nächsten Jahren geführt werden soll. Das ist der sogenannte Koalitionsvertrag. Er funktioniert wie eine Art Fahrplan für die Regierung. Zum Beispiel besagt er, was in den Schulen verändert werden soll oder was in den nächsten vier Jahren gegen den Klimawandel unternommen wird. Chef der aktuellen deutschen Regierung ist Olaf Scholz. Er ist der Bundeskanzler.

Die Ampelkoalition
So wird die aktuelle Regierung genannt, weil die Farben der drei Parteien zusammen die Farben einer Ampel ergeben: Rot, Gelb, Grün. Die luxemburgische Regierung bestand vor der letzten Wahl im Jahr 2024 aus den gleichen Parteien. Die Koalition in Luxemburg wurde Gambia-Regierung genannt, weil die Farben der drei Parteien die der gambischen Flagge waren.
Wie kam es in Deutschland zum Streit?
Wenn drei Parteien eine Regierung bilden, bedeutet das: Manchmal haben sie zu einem Thema drei verschiedene Meinungen. Im Koalitionsvertrag findet eine Regierung am Anfang ihrer vier Jahre einen Kompromiss, damit es nicht zum Streit kommt. In der deutschen Regierung gab es in den letzten Monaten trotzdem immer wieder Streit. Am Ende warf Bundeskanzler Olaf Scholz den Finanzminister Christian Lindner aus der Regierung. Die Partei von Christian Lindner, die FDP, verließ daraufhin die Regierung. Die Koalition konnte so nicht weiterarbeiten und musste aufgelöst werden. Olaf Scholz konnte nicht einfach einen neuen Minister oder eine neue Partei als Ersatz finden. Es muss neu gewählt werden.

Wie kommt es zu Neuwahlen?
Damit neu gewählt werden kann, muss sich der Bundestag auflösen. Dazu muss der Kanzler die sogenannte Vertrauensfrage stellen. Nur er darf das. Er fragt also die Abgeordneten, ob sie noch Vertrauen in ihn als Bundeskanzler haben. Jeder Politiker und jede Politikerin im Bundestag darf abstimmen. Lautet die Antwort der Mehrheit „nein“, hat die Regierung nicht mehr genug Unterstützung im Parlament. Danach macht der Bundeskanzler den Vorschlag, das Parlament und damit auch die Regierung aufzulösen. Dann müssen Neuwahlen organisiert werden. So ist es in Deutschland im letzten Dezember passiert. Innerhalb von 60 Tagen nach der Auflösung muss die Neuwahl stattfinden. Das passiert in der deutschen Politik nicht oft. Die Vertrauensfrage wurde bisher erst fünf Mal von vier unterschiedlichen Kanzlern gestellt. Neuwahlen gab es danach nur drei Mal. Neuwahlen sind also eine seltene Ausnahme.
Die Vertrauensfrage
Olaf Scholz fragt das Parlament, ob die Vertreterinnen und Vertreter des Volkes noch Vertrauen in ihn haben und wollen, dass er Bundeskanzler bleibt.
Die Neuwahlen
Neuwahlen zu organisieren ist ganz schön viel Arbeit. Es werden Wahllokale benötigt, also Orte, an denen die Bürgerinnen und Bürger abstimmen können. Dazu braucht es sehr viele Wahlhelfer und Wahlhelferinnen. Es gibt nämlich rund 70000 Wahllokale in Deutschland. Hunderttausende Freiwillige sorgen nicht nur dafür, dass alles abläuft wie geplant, sondern sie müssen auch die Stimmzettel auszählen. Bei rund 60 Millionen Menschen, die wählen dürfen, sind das ziemlich viele! Alle Deutschen ab 18 Jahren dürfen ihre Stimme abgeben. Per Brief werden sie darüber informiert. Diese Briefe müssen rechtzeitig verschickt werden. Und auch die Briefwahl muss vorbereitet werden. Sie erlaubt Menschen, im Voraus zu wählen, wenn sie am Wahltag keine Zeit haben. Insgesamt werden mehrere Tausend Tonnen Papier gebraucht. Kannst du dir diese Menge vorstellen? Das entspricht ungefähr 50 vollen Waggons eines Zuges!

Wie viele Parteien stehen zur Wahl?
Am 23. Februar können die Bürgerinnen und Bürger zwischen insgesamt 29 Parteien auswählen. Das sind deutlich mehr als in Luxemburg. Einige davon kennst du vielleicht. Ganz ähnliche Parteien gibt es nämlich auch bei uns. Sie heißen manchmal etwas anders. Neben den Parteien der Regierung gibt es noch die CDU (Christlich Demokratische Union Deutschlands), die AfD (Alternative für Deutschland), Die Linke oder das BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht). Es gibt aber auch kleinere, nicht so bekannte Parteien wie die Tierschutzpartei oder Die Piraten.
Wie wird gewählt?
Das Wahlsystem in Deutschland funktioniert ein wenig anders als in Luxemburg. Jede Person, die wählen darf, hat zwei Stimmen.
Mit der ersten Stimme wird ein Kandidat oder eine Kandidatin aus dem eigenen Wahlkreis gewählt. Das ist die Region, in der man wohnt. Die Person mit den meisten Stimmen kommt in den Bundestag. Das nennt man Direktmandat, weil die Person direkt gewählt wird.
Mir der zweiten Stimme wird eine Partei gewählt. Diese zweite Stimme entscheidet, wie stark die Partei später im Bundestag vertreten ist.
Bekommt eine Partei mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder drei Direktmandate, ist sie im Bundestag vertreten.

Angeberwissen
Im letzten Bundestag gab es 733 Abgeordnete. Nach der nächsten Wahl werden es aber nur noch 630 sein. Das wurde so beschlossen, weil der Bundestag in den letzten Jahren zu sehr gewachsen ist. In Luxemburg gibt es eine feste Zahl: 60 Personen sitzen in der Chamber.
Ihr müsst noch Geduld haben, bevor ihr zum ersten Mal wählen dürft. Aber bestimmt habt ihr Ideen, was man in Luxemburg besser machen könnte. Schreibt uns!