Unsichtbare Riesen im Wald

22. Oktober 2025

Pilze sind alte Lebenskünstler, die die Natur am Laufen halten

Wenn du durch den Wald spazierst, entdeckst du Pilze, die zum Beispiel wie kleine Hüte aus dem Boden wachsen. Manche sind braun, andere rot mit weißen Punkten. Doch das, was du siehst, ist nur ein Teil der Pilze. Im Erdreich geht es weiter!

Im Wald: Bäume mit Pilzen.
Die Müllabfuhr des Waldes: Baumpilze helfen, altes Holz zu zersetzen. (Foto: Shutterstock – Wirestock Creators)

Was sichtbar aus der Erde oder dem Holz wächst, nennt man in der Wissenschaft den „Fruchtkörper“. Es gibt viele verschiedene Formen: Einige sehen aus wie Hüte, andere wie Korallen oder kleine Becher. Manche sind bunt, andere fast durchsichtig.

Doch der Fruchtkörper ist nicht einmal die halbe Miete: Tief versteckt im Boden, im Holz oder im Laub lebt der eigentliche Pilz.

Ein Netz unter der Erde

Neben dem Fruchtkörper bestehen Pilze aus unzähligen winzigen Fäden. Alle diese Fäden zusammen nennt man Myzel. Das Myzel ist für den Pilz so wichtig wie für Menschen das Herz oder die Lunge. Es versorgt den Pilz mit allem, was er zum Leben braucht. Es nimmt Nährstoffe aus seiner Umgebung auf und gibt auch wieder Stoffe ab. Das Myzel wächst in der Erde, im toten Holz oder in Blättern, die auf dem Waldboden liegen. Es kann sich meterweit, ja sogar kilometerweit ausbreiten.

Grafik mit dem Bild eines Pilzes
Der Fruchtkörper wächst oberirdisch. Unterirdisch breitet sich das Myzel aus. (Grafik: dpa – F. Bökelmann)

Einige Pilznetzwerke sind so groß, dass sie wie geheime Verbindungen funktionieren. Über die unterirdischen Leitungen können Bäume sogar miteinander „sprechen“! Sie können mitteilen, was sie brauchen, und sich Nährstoffe schicken. Forschende nennen dieses System das „Wood Wide Web“. „Wood“ ist Englisch für „Wald“ und „World Wide Web“ bedeutet „Internet“. Pilze: das Internet des Waldes!

Das größte bekannte Pilznetz der Welt befindet sich in den USA. Es ist unvorstellbar groß: rund neun Quadratkilometer. Das ist so viel wie 1.250 Fußballfelder! Der Pilz ist über 8.000 Jahre alt.

Der Fruchtkörper wächst oberirdisch. Unterirdisch breitet sich das Myzel aus. (Grafik: dpa – F. Bökelmann)

Manche Pilze leben in enger Gemeinschaft mit Pflanzen. Über das Myzel tauschen sie sich mit den Wurzeln der Pflanzen aus. Die Pflanze bekommt Nährstoffe und Wasser vom Pilz, der Pilz dafür Zucker von der Pflanze. Diese Freundschaft zwischen Pflanze und Pilz nennt man Symbiose. Das Wort stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „Zusammenleben“. Die Symbiose mit Pilzen ist einer der Gründe, warum Bäume und Sträucher im Wald so gut wachsen können.

Pilz in der Erde.
Ein unsichtbares Netzwerk: Das Myzel verbindet Pflanzen und Bäume miteinander. (Foto: Shutterstock – MakroBetz)

Was ist ein Pilz?

Pilze gehören weder zu den Pflanzen, noch zu den Tieren. Sie sind etwas ganz Eigenes. Lange dachte man, Pilze seien Pflanzen, weil sie im Boden leben und wachsen. Doch sie können keine Energie aus Sonnenlicht gewinnen wie Pflanzen. Heute weiß man, dass Pilze mehr mit Tieren gemeinsam haben. Sie müssen Nährstoffe aus anderen Lebewesen aufnehmen – so ähnlich wie Menschen und Tiere es tun, wenn sie essen.

Pilze vermehren sich über winzige Sporen, die im Fruchtkörper gebildet werden. Diese Sporen schweben durch die Luft, werden vom Wind oder von Insekten verteilt und bilden an einem neuen Ort wieder ein Myzel.

Pilz versprüht Sporen
Der Flaschenbovist pustet seine Sporen wie Rauch in die Luft. (Foto: Shutterstock – godi photo)

Wichtige Helfer der Natur

Ohne Pilze würde die Natur ganz anders aussehen. Sie sind die großen Aufräumer im Kreislauf des Lebens. Pilze zersetzen abgestorbene Pflanzen, tote Bäume und Tierreste. Dabei verwandeln sie Holz und Blätter in Erde und Nährstoffe. Diese gelangen wieder in den Boden, so dass neue Pflanzen daraus wachsen können.

Der Wald kann auf Pilze nicht verzichten. Sie bekommen alles klein; selbst das härteste Holz zerfällt durch ihre Arbeit zu feiner Erde. Wenn es keine Pilze gäbe, lägen überall tote Äste und Stämme. Neue Pflanzen könnten kaum wachsen.

Pilze helfen aber nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Menschen. Hefepilze sorgen dafür, dass Brot oder Pizza aufgeht. Bestimmte Schimmelpilze kommen bei der Herstellung von Käse zum Einsatz. Manche Pilze werden in der Medizin genutzt: Aus einem Schimmelpilz der Art Penicillium entwickelten Chemiker das erste Antibiotikum, das Penicillin. Dieses Medikament rettet jeden Tag Menschenleben.

Penicillin Pilzzüchtung in einer Petri-Schale
Das Antibiotikum Penicillin wird aus Pilzen gewonnen. (Foto: Shutterstock – Sinhyu Photographer)

Pilze sammeln – nur mit Vorsicht!

Fliegenpilz
Finger weg! Der Fliegenpilz sieht schön aus, ist aber giftig! (Foto: Shutterstock – PHOTOGRAPHY IS ON)

Viele Menschen gehen im Herbst gern Pilze sammeln. Das ist spannend, aber auch gefährlich. Einige giftige Pilze sehen essbaren Pilzen nämlich zum Verwechseln ähnlich. Ein kleiner Fehler kann lebensbedrohlich sein! Deshalb sollten Kinder niemals Pilze pflücken oder essen, wenn sie nicht von Erwachsenen begleitet werden, die sich wirklich sehr gut auskennen.

Am sichersten ist es, Pilze einfach nur zu beobachten und zu fotografieren. So kannst du ihre Formen, Farben und Lebensräume kennenlernen – ohne Risiko. Frische Pilze zum Kochen und Essen bekommst du auch auf dem Markt.

Beim Pilzesammeln im Wald
Pilze solltest du höchstens mit einem Erwachsenen sammeln, der sich sehr gut auskennt! (Foto: Shutterstock – KieferPix)

Apps – praktisch, aber gefährlich

App zum Pilzebestimmen
Apps zur Bestimmung von Pilzen sind mit Vorsicht zu gebrauchen! (Foto: Shutterstock – FotoHelin)

Es gibt heute Handy-Apps, die versprechen, Pilze zu erkennen. Doch Vorsicht: Diese Apps irren sich oft! Ein falsches Ergebnis kann lebensgefährlich sein. Nutze solche Apps nur, um etwas zu lernen – nicht, um zu entscheiden, ob man einen Pilz essen kann!

Pilze in Luxemburg

Weltweit gibt es wahrscheinlich mehrere Millionen Pilzarten – aber nur ein kleiner Teil davon ist bisher erforscht.

In Luxemburg wachsen mehr als 3.000 verschiedene Pilzarten. Manche leuchten bunt, andere sind winzig klein. Der „Groupe de recherche mycologique de Luxembourg“ (GRM) erforscht sie seit vielen Jahren.

In Luxemburg sind alle Pilzarten durch eine großherzogliche Verordnung vom 8. Januar 2010 geschützt: Man darf zwar Pilze sammeln, aber es gelten Regeln. Zum Beispiel darf man nur kleine Mengen für den eigenen Gebrauch pflücken und dabei die Natur nicht beschädigen. Auf der Internetseite www.grm.lu findest du viele Fotos und Informationen zu den Pilzen, die es in Luxemburg gibt.