„Wie eine Stadt in der Stadt“
16. August 2022An diesem Freitag startet die „Schueberfouer“. Aber wer organisiert eigentlich diese riesige Kirmes und wie kompliziert ist das? De Piwitsch hat mit dem Platzmeister Laurent Schwaller gesprochen.
Die Schausteller stehen Schlange vor den Büro-Containern des „Service Espaces Publics, Fêtes et Marchés“ der Hauptstadt zwischen den Schienen des Tram und der Glacis-Straße. Jeder hat eine Menge Fragen. Zum Beispiel wo er seinen Wohnwagen hinstellen darf. Wie er sein Fahrgeschäft an Strom und Wasser anschließen kann. Oder wann er mit dem Lastwagen wo auf das Gelände der „Schueberfouer“ reinfahren kann.
Die Mitarbeiter des „Service Espaces Publics, Fêtes et Marchés“ – das ist der Dienst der Hauptstadt, der sich um die Organisation der „Schueberfouer“ kümmert – versuchen, den Schaustellern Antworten auf ihre Fragen zu geben und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. 223 Stände und Fahrgeschäfte gibt es in diesem Jahr auf der größten Kirmes Luxemburgs und sogar der Großregion, die ab diesem Freitag 20 Tage lang läuft und seit Ende Juli aufgebaut wird. Es ist eine sehr anstrengende Zeit für Laurent Schwaller, den Chef des „Service Espaces Publics, Fêtes et Marchés“ und seine Arbeitskollegen.
Viel Organisation
„Der Aufbau der Schueberfouer ist die stressigste Zeit. Wenn alles bis einmal läuft, wird es ein wenig ruhiger, auch wenn wir rund um die Uhr Bereitschaftsdienst haben und auch nachts mal rausmüssen, wenn es ein Problem gibt. Der Wiederabbau geht schneller, aber auch hier gibt es Zeitdruck, denn wir müssen den Glacis ja so schnell wie möglich wieder als Parkplatz freigeben“, erklärt Laurent Schwaller als De Piwitsch ihn besuchen kommt.
„Das alles geht nicht ohne ein gutes Team und ohne eine enge Zusammenarbeit mit einer Reihe von anderen Diensten“, sagt Laurent Schwaller, den man auch als „Platzmeister“ oder „Fouermeister“ bezeichnen kann. Schließlich muss dafür gesorgt werden, dass genug Strom, Wasser und Gas die Schobermesse erreichen, dass der Müll abtransportiert und Essen und andere Dinge angeliefert werden können, dass die Leute auf die „Fouer“ transportiert und wieder abgeholt werden, dass genügend Toiletten zur Verfügung stehen und dass es überall sicher ist.
Der Platzmeister steht deshalb auch dauernd im Kontakt mit Polizei, Feuerwehr, den Leuten, die die technische Kontrolle der Fahrgeschäfte machen oder jenen, die die Lebensmittelhygiene kontrollieren. „Es ist wie eine kleine Stadt in der Stadt“, sagt Laurent Schwaller.
Er hat das ganze Jahr über mit seinen 22 Mitarbeitern alle Hände voll zu tun. Zusammen organisieren sie zum Beispiel Märkte und Feste und planen öffentliche Plätze auch mit. Die „Schueberfouer“ ist aber ein ganz wichtiger Moment im Jahreskalender des Dienstes und auch der, der am meisten Arbeit kostet. Denn eine solche riesige Kirmes zu planen, dauert ziemlich lange.
Die Planung für 2023 läuft bereits
Die „Fouer“ 2022 startet zwar erst, doch schon seit dem 1. Mai und noch bis zum 30. September können sich Schaustellerinnen und Schausteller für die Ausgabe 2023 anmelden. Aber welche Schaustellerinnen oder Schausteller dürfen eigentlich auf die Schobermesse kommen? Laurent Schwaller erklärt, dass es jedes Jahr über 500 Anfragen für einen Platz auf der „Fouer“ gibt. Denn viele Schaustellerbetriebe kennen die größte und bekannteste Kirmes Luxemburgs und der Großregion und möchten dort sein, um Geld zu verdienen. Schließlich kommen viele Besucher, die sich auf dem Glacis amüsieren wollen.
Wie die Schaustellerbetriebe ausgewählt werden
Dort ist aber nur Platz für 223 Kirmesbuden und Fahrgeschäfte, so dass eine Auswahl getroffen werden muss. Diese Auswahl ist recht kompliziert. Wie Laurent Schwaller erklärt, wird jedes Jahr zunächst einmal ein „Highlight“ ausgewählt, das oft auch noch nie auf der Schobermesse war. In diesem Jahr ist es zum Beispiel eine große Geisterbahn.
Dann passen die Organisatoren der „Fouer“ auch darauf auf, dass etwa nicht alle Geisterbahnen oder große Fahrgeschäfte an einer Stelle stehen oder dass Restaurants, die ähnliches Essen anbieten nicht zu nah beieinander liegen. Wichtig ist auch das Gesamtbild der „Fouer“: die Besucherinnen und Besucher sollen schöne Eindrücke mit nach Hause nehmen – und natürlich schöne Fotos. Wenn man zum Beispiel alle hohen Fahrgeschäfte direkt hintereinander stellen würde, bekäme man sicher kein schönes Foto des Riesenrads zum Beispiel. Wohin ein Fahrgeschäft auf dem Platz kommt, hängt auch ganz davon ab, welche Anschlüsse es für Strom, Wasser und Gas braucht.
Aber es gibt noch eine ganze Menge Fragen, die man sich bei der Auswahl der Schausteller achtet: ist das Fahrgeschäft herausgeputzt und funktioniert es tadellos? Ist es ein neues Fahrgeschäft? Sehen die Kirmesbuden schön und sauber aus? Ist ein Restaurant gut ausgerüstet, um Essen unter den besten Bedingungen zu servieren? Hat der Schaustellerbetrieb einen guten Ruf?
Es gibt mehrere Kategorien, in die Punkte verteilt werden. Wer die meisten Punkte bekommt ist in der Auswahl vorne dabei. Über den Zustand von Fahrgeschäften zum Beispiel bekommt Laurent Schwaller auch Informationen über sein Kontakt-Netzwerk zu anderen Kirmessen und Städten, in denen die Schausteller, die auf der Schobermesse sein möchten, auch arbeiten. Manchmal geht er sich auch schon mal ein Fahrgeschäft ansehen, wenn es in der Großregion läuft.
Die ganz besondere Welt der Schaustellerei
Am Ende der ganzen Auswahlprozedur wird eine Liste der Schaustellerbetriebe angefertigt, die auf der „Fouer“ dabei sein dürfen. Diese Liste wird dann dem Schöffenrat der Stadt Luxemburg gezeigt. Der Schöffenrat ist so etwas wie die Regierung der Stadt, die die wichtigsten Entscheidungen trifft. Er kann also auch sagen, wenn er sich andere Fahrgeschäfte, Schieß- oder Essbuden wünscht. Wenn der Schöffenrat am Ende mit der Liste einverstanden ist, werden die ausgewählten Schaustellerbetriebe benachrichtigt und können sich auf die „Schueberfouer“ vorbereiten.
Lebenslange Leidenschaft
Schaustellerbetriebe sind ganz besondere Unternehmen. Sie sind meist ständig auf Reisen und ziehen von einer Kirmes zur nächsten. Oft mit ihrer ganzen Familie und allem, was sie besitzen. Meist machen die Familien das schon sehr lange, seit Generationen. Laurent Schwaller ist zwar von Beruf Architekt und Stadtplaner, aber er kennt den Bereich der Schaustellerei sehr gut.
Denn er hat eine Leidenschaft für Kirmessen, seit er ein kleiner Junge war. Die Fahrgeschäfte haben ihn schon immer fasziniert, genau wie das Leben der Schaustellerfamilien, von denen er viele persönlich gut kennt. Schon vor 20 Jahren hat Laurent Schwaller eine Internetseite über die „Schueberfouer“ gestartet, die viel Erfolg hatte. Deshalb ist es für ihn heute ein Traumjob, an der Spitze der Organisation der Schobermesse zu stehen, auch wenn das schon manchmal sehr stressig ist. Laurent Schwaller Freude ist noch größer in diesem Jahr, weil die „Fouer“ wegen des Covid-19-Virus in den Jahren 2020 und 2021 durch kleinere Veranstaltungen ersetzt werden musste. Er hofft, dass die Schobermesse nun wieder im vollen Umfang durchstarten kann.
Weshalb gibt es die „Schueberfouer“?
Seit dem Mittelalter gibt es einen großen Jahrmarkt in der Stadt Luxemburg. Im Jahr 1340 entschied der König von Böhmen, Johann der Blinde, der auch Graf von Luxemburg war, dass dieser Jahrmarkt am Vorabend des Tages des Heiligen Bartholomäus, den 24. August beginnen sollte und acht Tage lang stattfand. Jahrhundertelang fand dieser Markt bei der „Schuedbuerg“ statt. Das war eine Festung, die auf dem heutigen Heilig-Geist-Plateau in der Hauptstadt stand. Daher kommt auch der Name der „Schueberfouer“: „Schueber“ erinnert an die „Schuedbuerg“ und „Fouer“ kommt von „Foire“, dem französischen Wort für „Messe“. „Messe“ hat mehrere Bedeutungen. So wird in der Kirche eine Messe, also ein Gottesdienst, gefeiert. Aber eine Messe ist auch ein Markt, wo etwas verkauft wird. Auf Deutsch heißt die „Schueberfouer“ übrigens „Schobermesse“.
Was bedeutet das Wort „Glacis“?
Irgendwann war der Platz bei der „Schuedbuerg“ aber zu klein, so dass die Verantwortlichen der Stadt Luxemburg einen neuen Ort für den Jahrmarkt suchten. Ab 1610 fand er deshalb auf Limpertsberg statt, nicht weit von dem heutigen Standort auf dem ehemaligen „Glacisfeld“. „Glacis“ ist ein französisches Wort für den Teil einer Festung. Luxemburg war ja ein wichtige Festung und damit Feinde sich nirgends vor den Mauern verstecken konnten, wurden vor der Festung große, freie Flächen ohne Bäume angelegt. Die wurden „Glacis“ genannt. Der heutige „Glacis“ ist bis heute eine wichtige freie Fläche, die ziemlich nahe beim Stadtzentrum liegt und groß genug ist, damit Veranstaltungen wie die „Schueberfouer“ auf ihr stattfinden können. Die heutige Schobermesse geht seit 1893 auf dem „Glacis“ über die Bühne.
Damals war sie auch schon längst zu einer Veranstaltung geworden, auf der man nicht nur Dinge für den Haushalt oder den Bauernhof kaufen, sondern sich auch amüsieren konnte. Wenn du mehr über die „Schueberfouer“ wissen möchtest, schau dir einfach die Webseite www.fouer.lu an. Die gibt es auf Deutsch, Französisch und Englisch. Siehe dir auch den Artikel auf www.kannerzait.lu an.
Andere Artikel
-
Ein herrlicher Ostersonntag für Niels
Der Ostersonntag in diesem Jahr war einer der schönsten Tage im Leben von Niels Michotte. Der Radrennfahrer, der am 10.... 19. Juni 2022 -
Gut sehen und gut aussehen
Für die Optikermeisterin Enza Fuzio ist eine Brille mehr als eine Sehhilfe: Sie ist Mode – De Piwitsch hat sie... 10. Oktober 2022 -
Die Clowns Jac und Joe
Wir haben mit zwei Clowns über ihren Beruf geredet. 08. Juli 2022